Von den Beschäftigten in Deutschland fühlen sich 9 Prozent gesundheitlich beansprucht. Gut ein Viertel erlebt, zumindest teilweise, negative Belastungsfolgen für die persönliche Gesundheit. Dies zeigt eine aktuelle Befragung von Great Place to Work®mit über 1.000 Arbeitnehmenden aus Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitenden. Die Ursachen für die Belastungen sind vielfältig und reichen von fehlender Wertschätzung durch Führungskräfte über ein schlechtes Betriebsklima bis hin zu hinderlicherArbeitsorganisationund fehlenden Handlungsspielräumen.
Arbeitgeber sind verpflichtet, psychische Belastungsfaktoren zu ermitteln
Der hohe Anteil von Beschäftigten mit gesundheitlichen Einschränkungen ist für Arbeitgeber ein Handlungsauftrag. Nach §5 ArbSchG ist für alle deutschen Unternehmen verpflichtend, bei der Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen auch die psychische Belastung zu berücksichtigen.
Mit der Great Place to Work®Befragung„Gesund Arbeiten“haben Unternehmen die Möglichkeit, ihreUnternehmenskultur auf gesundheitsförderliche Faktoren hin zu untersuchen, um daraufhinGesundheit als eine wichtige Zielqualität von Zufriedenheit und Erfolgzu entwickeln. Am Ende eines solchen Prozesses profitieren sowohl Beschäftigte – in Hinblick auf eine gute psychische Gesundheit – und Unternehmen – in Hinblick aufeine leistungsfähige und resiliente Organisationskultur– gleichermaßen.
Entwicklung und Hintergrund: Der Fragebogen „Gesund Arbeiten“ und das Great Place to Work® Modell
Unternehmen nutzen seit 2002 in Deutschland die Mitarbeitendenbefragung von Great Place to Work®zur Entwicklung ihrer Unternehmenskultur. Dieser liegt das Great Place to Work®Modell zugrunde, welches fünf Faktoren für die Gestaltung einer vertrauensvollen und erfolgreichenArbeitsplatzkulturumfasst.
DasGreat Place to Work®Modellenthält bereits zahlreiche Elemente, die die Gesundheit von Mitarbeitenden nachgewiesenermaßen beeinflussen. Im Rahmen der Entwicklung des Fragebogens „Gesund Arbeiten“ wurde ein Itempool eingesetzt, der sowohl Items aus der Great Place to Work®Mitarbeiterbefragung zurArbeitsplatzkulturals auch weitere potenziell gesundheitsrelevante Merkmale eines Arbeitsplatzes umfasst.
Dieses Vorgehen hatte mehrere Ziele:
- dem komplexen Thema„Gesundheit am Arbeitsplatz“wird ausreichend Raum gegeben
- die Befragung kann als orientierendes Verfahren zur Belastungserhebung verwendet werden und erfüllt die entsprechenden Qualitätsgrundsätze der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) und der ISO-Norm 10075-3
- Befragungen zur Unternehmenskultur und zur Gesundheit der Mitarbeitendenkönnen ökonomisch kombiniert werden
Aktuell enthält das Befragungsinstrument „Gesund Arbeiten“ 38 Merkmale – 18 aus dem Great Place to Work®Fragebogen und 20 weitere Merkmale – zu gesundheitsrelevanten Ressourcen, Beanspruchungs- und Belastungsfaktoren. Die Beantwortungskategorien reichen auf einer fünfstufigen Skala von „trifft fast völlig zu“ bis „trifft fast gar nicht zu“. Der Anteil der ablehnenden Antworten („trifft fast gar nicht zu“ und „trifft überwiegend nicht zu“) ist primär der Indikator dafür, ob in den jeweiligen Merkmalen Verbesserungen notwendig sind, die den Erhalt der psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden erhöhen.
34 Fragen aus dem Instrument werden in vier Gestaltungsfelder eingeordnet: Arbeit und Arbeitsplatz, Soziale Beziehungen, Wertschätzung sowie Handlungsspielraum & Sicherheit. Die Gestaltungsfelder im Great Place to Work®Ansatz decken die von der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie empfohlenen Inhalte ab (in der Abbildung mit Stern markiert), differenzieren diese aber zum Teil noch weiter aus und beinhalten einige Ergänzungen, die aufgrund der Forschung von Great Place to Work®eine hohe Relevanz für das Thema Gesundheit haben. Das Feld „Arbeit und Arbeitsplatz“ umfasst die GDA-Dimensionen Arbeitsinhalte/-aufgaben, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit, Arbeitsumgebungsbedingungen und Arbeitsmittel. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, ein optionales fünftes Gestaltungsfeld „Neue Arbeitsformen“ mit 4 Merkmalen in die Befragung mit aufzunehmen.
Ein weiterer Teil der Great Place to Work®Befragung „Gesund Arbeiten“ ist die kompakte Erhebung der aktuell erlebten Beanspruchung der Mitarbeitenden. Entsprechend bilden vier Fragen den Index „Persönliche Gesundheit“ und umfassen die Einschätzung der Befragten zu ihrer emotionalen und körperlichen Gesundheit, ihrer Leistungsfähigkeit und langfristigen Arbeitsfähigkeit.
Damit leistet das Befragungsinstrument mehr als eine reine Erhebung der Belastungsfaktoren und unterstützt wirkungsvoll die Beurteilung von Gefährdungspotentialen.
Zur Reliabilität und Validität des Fragebogens „Gesund Arbeiten“
Bei der wissenschaftlichen Erforschung der 34 Fragen zu den gesundheitsrelevanten Ressourcen und Belastungen im Rahmen des Befragungsinstruments wurden folgende arbeitspsychologische Modelle zur Entstehung von Belastung und Stress herangezogen:
- das Person-Environment-Fit-Modell von French, Caplan und Harrison
- das Anforderungs-Kontroll-Modell von Karasek
- das Modell beruflicher Gratifikationskrisen von Siegrist
Der zweite Teil des Befragungsinstruments, in dem es mit dem Index „Persönliche Gesundheit“ um erlebte Beanspruchung und empfundene Belastungsfolgen geht, stützt sich u.a. auf den COPSOQ (Copenhagen Psychosocial Questionnaire), anhand dessen auch die Validierung vorgenommen wurde.
Aufgrund statistischer Analysen lassen sich folgende Aussagen über relevante Gütekriterien des Fragebogens machen:
- Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Skalen für die einzelnen Gestaltungsfelder ist als gut bis sehr gut einzustufen. Sie liegt zwischen 0.79 und 0.90.
- Der Index „Persönliche Gesundheit“ wurde anhand drei ausgewählter Skalen des COPSOQ validiert. Er korreliert mit 0.54 bis 0.57 jeweils im hohen Maße mit den COPSOQ Skalen Arbeitsengagement, Burnout-Symptome sowie allgemeiner Gesundheitszustand.
Eine Befragung „Gesund Arbeiten“ ist Teil eines Regelkreises
Zunächst einmal ist die Durchführung der Befragung „Gesund Arbeiten“ alleine noch keine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Diese erfordert, dass ein kompletter Regelkreis durchlaufen wird, dessen Schritte die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) wie folgt benennt:
1. Festlegen von Tätigkeiten/Bereichen
2. Ermittlung der psychischen Belastung der Arbeit
3. Beurteilung der psychischen Belastung der Arbeit
4. Entwicklung von Maßnahmen
5. Durchführen von Maßnahmen
6. Wirksamkeitskontrolle
7. Aktualisierung/Fortschreibung
Die Great Place to Work®Befragung „Gesund Arbeiten“ bedient vorrangig den Prozessschritt 2) Ermittlung der psychischen Belastung, unterstützt zudem 3) Beurteilung der psychischen Belastung und ist ebenso geeignet, den Prozessschritt 6) Wirksamkeitskontrolle zu bedienen. Darüber hinaus liefert das Befragungsinstrument wichtigen Input für die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen (Prozessschritte 4) und 5)), da auf Basis empirischer Ergebnisse zielgerichtet Maßnahmen abgeleitet werden können. Diese sollten im ersten Schritt immer die sogenannte Verhältnisprävention und damit die menschengerechte Gestaltung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation betreffen. Verhaltensprävention, personenbezogene Maßnahmen, sind dem nachgelagert und sind eine wichtige Aufgabe im Bereich des betrieblichen Gesundheitsschutzes und derbetrieblichen Gesundheitsförderung.
Great Place to Work®verfügt über umfassende Einblicke in die Maßnahmen und Programme, die erfolgreiche Arbeitgeber in der Gesundheitsförderung einsetzen. Diese umfassen:
- Ansätze der systematischen Messung von Belastungsfaktoren mit Elementen eines „Frühwarnsystems“
- Gestaltungsmöglichkeiten zur Sicherung von gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisationsmerkmalen
- Sensibilisierung undTraining von Führungskräften
- Angebote der Präventionund der Ermunterung zu gesundheitsorientiertem Verhalten
- Angebote für akut gefährdete Mitarbeitende
- sowie Angebote zur Wiedereingliederung
Da zumeist die notwendigen Veränderungen gruppendynamisch beeinflusst sind, besteht in der Entwicklung und Realisierung von Maßnahmen kein Patentrezept, das in allen Unternehmen gleichermaßen umgesetzt werden kann. Hier unterstützen die Experten von Great Place to Work®mit „maßgeschneiderter“ systemischer und fachlicher Beratung.
Entscheidend ist aber vor allem die Haltung, dieUnternehmen dem Thema Gesundheit entgegenbringen: Betriebliche Gesundheitsförderung sollte weit mehr sein als der Erhalt oder die Wiederherstellung von Leistungsfähigkeit. Vielmehr reicht Gesundheitsförderung im besten Fall weit in Themen der Organisationsentwicklung hinein. Es geht darum, Wohlergehen undResilienz der Organisationund der Mitarbeitenden gleichermaßen zu stärken.Optimal eignet sich dazu unsergrößtenteils von der DRV gefördertes ProgrammGesund Führen – Fit in Führung gehen.
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